Eine interessante Veranstaltung

kündigt die HNA für nächste Woche Mittwoch an:

Historikerin arbeitete Gudensberger Hexenprozesse auf

Gudensberg. Barbara Berthold wurde enthauptet und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Diese Gräueltat ereignete sich im April 1663. Der Schauplatz war der Richtplatz auf dem Odenberg bei Gudensberg.

Entziffert: Die Kopien zeigen Seiten aus den 350 Jahre alten Prozessakten, die Wilfried Dippel übertragen hat.

Die Hirten-Barbara ist eine der letzten Frauen, die im Zuge der dokumentierten Hexenprozesse in unserer Region hingerichtet worden ist. Die Kassler Historikerin Ingrid Pee (65) hat sich über viele Jahre mit dem Prozess gegen die als Hexe verbrämte Frau aus Niedenstein beschäftigt. Am Mittwoch, 30. Mai hält sie im Museum für Sepulkralkultur in Kassel einen Vortrag zum Thema.

Ingrid Pee ist begeistert von ihrer Arbeit, sie ist mit Leidenschaft bei der Sache und sie ist gründlich. Für ihren Vortrag stöberte sie in alten Kirchenarchiven, las hunderte von Seiten alter Berichte und verbrachte viel Zeit im Staatsarchiv in Marburg. Dort fotografierte sie auch die vielen Seiten des Prozesses gegen die Hirten-Barbara.

„Unmenschliches mussten die Frauen damals über sich ergehen lassen. Die Hirten-Barbara wurde gefoltert – wieder und immer wieder. Eine 73-Jährige“, sagt Pee. Die Folterungen fanden im ersten Stock des Gudensberger Rathauses statt.

Wegen einer Denunziation seien damals mehrere Frauen angeklagt und getötet worden. Die Gemeinden hätten sogar an deren Tod verdient, denn die Hinterlassenschaften wurden quasi konfisziert und aufgeteilt. Die gerade 16-jährige Anna Wiegand aus Besse gestand damals ebenfalls unter Folter mit dem Teufel im Bunde zu sein und beschuldigte vier weitere Frauen eben die Hirten-Barbara.

Die Hexenverfolgung im ausgehenden 17. Jahrhundert fiel in eine Zeit politischer und religiöser Veränderungen. Der 30-jährige Krieg war nur wenige Jahre vorbei, die Bevölkerung erheblich dezimiert.

„Wie war es möglich, dass sich Menschen nach so schweren Zeiten in einem so kleinen Ort wie Besse solches Leid antun konnten?“, fragt Pee in ihrem Vortrag. Die Sitten waren zwar verroht, aber oftmals seien es auch persönliche Animositäten gewesen – oder es wurde einfach ein Sündenbock für eine schlechte Ernte oder Vieherkrankung gesucht.

Leider habe es in Deutschland nie eine seriöse und umfangreiche Aufarbeitung der Hexenverfolgung gegeben, kritisiert Pee. NS-Verbrecher Heinrich Himmler habe sich damals der Hexenmorde bedient, um den germanischen Mythos zu stärken und antireligiöse Tendenzen zu untermauern, sagt die Forscherin.

Einer ihrer Antriebe sei Licht in dieses Dunkel zu bringen. „Die Ereignisse müssen nüchtern betrachtet und nicht irgendwie aufgeladen werden.“ Sie wolle einen unverfälschten Blick auf diese schlimme Zeit werfen.

Auch auf die Hintergründe der Hexenverfolgung werde sie eingehen. Dankbar ist sie dem verstorbenen Wilfried Dippel. Der Heimatforscher habe ihr seinerzeit die 100 Seiten des Hexenprozesses aus dem Staatsarchiv übersetzt. Für sie sei die Schrift unleserlich gewesen.

• Vortrag: „Die Hexen von Besse“ ist zu hören am Mittwoch, 30. Mai, Museum für Sepulkralkultur in Kassel, Eintritt inklusive Museumsbesuch neun Euro.

• Anmeldung: unter Tel. 0561/918930

Von Damai D. Dewert

Weitere informtionen dazu gibt es auf der Internetseite des Museums.

 

Parallel dazu läuft eine Ausstellung:

Galgen, Rad und Scheiterhaufen

Einblicke in Orte des Grauens

Wegen großer Nachfrage verlängert bis 29. Juli 2012

Galgen, Rad und Scheiterhaufen –Einblicke in Orte des Grauens.
Eine Ausstellung des Neanderthal-Museum Mettmann in Kooperation mit dem Museum für Sepulkralkultur

Die Ausstellung „Galgen, Rad und Scheiterhaufen – Einblicke in Orte des Grauens“ widmet sich einer dunklen Seite der Menschheitsgeschichte und erinnert mit einer vorwiegend historischen Ausstellung daran, dass Folter und gewaltsamer Tod durch Hinrichtungen bis heute nicht ausgemerzt sind.

Wovon heute nur noch Flur- und Straßennamen zeugen – „Im Galgenfeld“, „Auf dem Richtsberg“ etc. -, das will die Ausstellung genauer unter die Lupe nehmen. Sie thematisiert die einstige topografische Lage von Richtstätten und gewährt mittels zahlreicher Exponate, darunter seinerzeit typische Strafutensilien (Fesseln, Schandmasken etc.) sowie Hinrichtungsbauten und -waffen (Galgen, Richtschwerter etc.), Einblicke in ein düsteres Kapitel des europäischen Rechtswesens.
Gezeigt werden außerdem archäologisch untersuchte Skelettreste, die Auskunft über die Straf- und Rechtspraxis früherer Zeiten geben und Einzelschicksale beleuchten. Mit dabei sind auch das mutmaßliche Skelett des bekannten Räuberhauptmannes „Schinderhannes“ und seines Kompagnons, des „Schwarzen Jonas“.

Ein regionaler Bezug zu Hessen und Kassel wird durch weitere Exponate und Kartenmaterial hergestellt. Zahlreichen Veranstaltungen wie Lesungen, Vorträge, Führungen und Stadt-Spaziergänge – unter anderem zu hiesigen „Orten des Grauens“ – begleiten die Ausstellung.

 Eintritt (inkl. Museumsbesuch): 9.00 EUR

Begleitend zur Ausstellung findet am 30. Mai 2012, 19.00 Uhr,  ein Vortrag zum Thema: „Die „Hexen“ von Besse – Das Gerichtsverfahren in Gudensberg gegen die „Hirtenbarbara“ 1662/63“ statt. Nähere Informationen dazu finden Sie hier.

Zur Ausstellung ist ein Begleitbuch erschienen, Preis 14,90 Euro.

Ich würde mir den Vortrag gern anhören, werde das aber wegen des fühen Beginns wohl leider nicht schaffen. Aber die Ausstellung besuche ich sicher.

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