Alles dreht sich

So kommt es mir zumindest vor. Die Erde dreht sich immer schneller, die Tage rasen nur so dahin und die Nächte samt Schlaf sind eh zu kurz. Beim Blick auf den Kalender stelle ich fest, dass wir nächsten Monat schon Sommersonnenwende haben.  War nicht eben erst noch Jahresbeginn, Frühlingsanfang? Wer bitte hat die erste Hälfte von 2010 geklaut?

So kann das nicht weitergehen. Und mit jedem Tag stelle ich mehr fest, dass meine Entscheidung, das Ladengeschäft in dieser Form aufzugeben, die Richtige ist.

Ausser mir schliessen allein in diesem Monat in Fritzlar 7 weitere Geschäfte bzw. gastronomische Betriebe. Zum Teil Traditionsunternehmen, die vor Ort zu den Alteingesessenen gehören. Überall die gleiche Begründung: Es rentiert sich nicht mehr.  Wie auch ich haben die Geschäftskollegen beschlossen ihren Laden von selbst aufzugeben, ehe sie in eine wirtschaftliche Schieflage geraten und ihnen die Entscheidung von Anderen abgenommen wird. Es sind Geschäfte dabei, die ein für Fritzlar einzigartiges Sortiment bieten, das man so nicht so schnell woanders findet. Mein Lieblingsgastwirt ist dabei und auch der Händler, dessen Firmenstand im Gewerbezelt auf dem Fritzlarer Pferdemarkt so lange existiert wie ich mich erinnern kann. Oma hat dort ihren ersten Elektroherd gekauft, meine Eltern ihren Kühlschrank……Selbst eine große Drogeriekette, die vor Kurzem erst umgezogen ist, zieht sich aus Fritzlar ganz zurück. Die leeren Läden bleiben leer, oder werden mit Imbissbuden und letztendlich mit Billig-Ramsch-Läden belegt. Ein Trauerspiel für unsere wunderschöne mittelalterliche Stadt.

Woran es liegt?

Ringsum in den Städtern überall das gleiche Bild. Bad Wildungen verklebt leere Schaufenster mit Märchenfolie, damit der Leerstand nicht auffällt. In Borken schliesst ein Laden nach dem anderen, ebenso in der wunderschönen Homberger Altstadt. In Melsungen könnte man im Zentrum historische Filme drehen, so reich an alten Fachwerkhäusern ist diese Stadt. Auch dort stehen die Läden und die darüber liegenden Wohnungen leer. und in Wolfhagen, wo man in der Einkaufstrasse sogar direkt vor den Läden parken kann sind es bereits über 40 Geschäfte, die ohne Inhalt sind.

Ein „Trend“ der Zeit? Oder das Ergebnis von immer mehr Einkaufzentren mit Komplettangebot, draussen vor der Stadt? Wer hat denn heute noch Zeit für einen gemütlichen Einkaufsbummel? Und wer hat heute noch Geld für Kleinigkeiten? Selbst die Touristen werden morgens herangekarrt, machen eine Stadtführung mit, besichtigen den Dom und hasten dann zum Bus zurück, um zum nächsten „Event“ transportiert zu werden. Da bleibt keine Zeit für einen Stadtbummel, eine Tasse Kaffee oder ein Stöbern in den Läden.Wie oft hetzten Leute an meinem Laden vorbei und ich höre:“ Keine Zeit zum schauen, ich muss zum Bus“.

Jetzt soll vor der Stadt noch ein „Ärztehaus“ gebaut werden, auf der anderen Stadtseite entsteht ein so genanntes „Freizeitgelände“. Noch mehr, was sich an den Stadtrand verlagert. Und damit noch weniger mittendrin. Inzwischen stehen auch schon Läden leer, die direkt auf der „Touristenroute“ vom Museum zum Dom liegen. Direkt vor der Stadtinformation ein trauriger Leerstand mit ausgebrochenem Briefkasten und kaputter Leuchtreklame.

Ich habe mir lange Gedanken gemacht, wie ich weitermachen will. Und ich habe festgestellt, dass das Räuchern, die spirituelle Beratung samt Kartenlegen, Workshops geben, Trommelunterricht erteilen und „hexische“ Lebensweise vermitteln immer mehr Raum einnimmt. Dafür werde ich ab dem 01.06.2010 die Zeit haben. Ich kann flexibel auf meine Kunden und deren Wünsche eingehen, komme  zu ihnen nach Hause oder  bin in meinem „Hexenzimmer“ in unserem Haus erreichbar. Und das alles unbelastet von Sorgen um Touristenzahlen, Stadtentwicklung und Ladenumsätzen.

Meine Freunde und Kontakte bleiben mir, und auch die Erfahrungen, die ich hier im Laden mehr als reichlich sammeln durfte. und so geht es mit rattus noctis weiter. Mein Weg bleibt der gleiche, ich ändere nur das Transportmittel.

Bis bald!

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