Eine ganz schlimme Woche

war das bisher.

Der Sonntag war noch so schön mit dem Wurzgartenfest auf der Hohenburg in Homberg. Montag früh klingelte dann das Telefon, meine Mama war dran. Live aus dem Stadtkrankenhaus!Sie wollte Sonntag abend nochmal zum Friedhof, das Grab ihrer Eltern gießen. Sie wäre den kurzen Weg gern gelaufen, aber Papa wollte sie unbedingt mit dem Auto fahren.

Als sie dann auf dem Rückweg waren, muss mit Papa irgendetwas passiert sein:

Das Auto wurde auf der schmalen und stark abschüssigen Straße immer schneller, Papa reagierte nicht auf Muttis entsetzte Rufe und bremste auch nicht. Er sah nur starr geradeaus und dann krachte es auch schon. Ein Verkehrsschild und vier (!) Grundstückseinfassungen auf der linken Seite später wurde der Opel unsanft von einem Gartenzaun samt Bäumen gestoppt und der Motor ging aus.

Mama habe ich heute aus dem Krankenhaus geholt: Ein feiner Riß im Halswirbel samt Schleudertrauma und die nächsten 6 Wochen eine eklig feste, schwitzheiße Halskrause. Dazu angeknackste Rippen, aufgeschürfte Knie, die linke Rückenseite und der Oberschenkel blauschwarz und dazu eine Platzwunde am Haaransatz der Stirn. Im Krankenhaus konnten sie nicht mehr tun, sich schonen und die Sachen einfach ausheilen lassen darf sie zum Glück zu Hause.

Papa hat es weit schlimmert erwischt: Prellungen ohne Ende, ein ordentliches „Veilchen“, mehrere gebrochene Rippen und ein glatter Genickbruch, den die Sanis aber zum Glück rechtzeitig mit Vacu-Packung stabilisiert hatten. Gestern früh war er in der Uniklinik im Op und hat es (nach Aussage der Ärzte) gut überstanden. Ich hatte ihn Montag Abend noch besucht, da war mein Papa kaum wiederzuerkennen. Die drohende Querschnittlähmung vor Augen und mit einem Kompletten Filmriß ab Abfahrt Friedhof konnte er mir kaum glauben, was passiert war. Morgen Mittag dürfen wir ihn auf der Intensivstation besuchen. Also wieder mal 80 Kilometer über die Bundesstrasse, in die Klinik und dann zurück.

Bis jetzt wissen wir nicht, warum der Unfall überhaupt passiert ist. Nur Papa kann dazu etwas sagen, falls er sich erinnert. Wäre der Opel nicht so stabil gewesen, wären die Beiden wohl nicht mehr am Leben. Die Airbags und die Tatsache, dass beide angeschnallt waren, hat sie wohl gerettet.

Seit Montag Morgen flitze ich durch die Gegend. Erst zu Mama ins örtliche Krankenhaus, dann zu meinen Eltern, 2 Reisetaschen holen und für beide Patienten Sachen packen. Auch wenn es meine Eltern sind und ich in diesem Haus ja auch gewohnt habe und noch „zu Hause“ bin: Die elterliche Unterwäsche zusammenzusuchen, in allen Schränken wühlen zu müssen und dann noch die Papiere zusammenzutragen……man langt voll in die Intimsphäre der betreffenden Personen und besonders toll fand ich das nicht. Meine Eltern wühlen schließlich auch nicht in meinen Dessous und manche Dinge sind eben SEHR privat!

Zwischendurch hat mein armer Mann einen wahren Telefonmarathon abgeleistet. Erst einmal die zuständige Polizei finden, dann den Abschleppdienst, der das Auto untergestellt hat, letzendlich die Klinik, in die Papa noch in der Nacht weiterverlegt worden war. Vor Ort hatte man ihn nur stabilisieren, aber nicht weiter helfen können.

Vom Elternhaus wieder zu Mama, trösten, beruhigen, Klamotten einräumen, beim Umziehen helfen…..Nach 19 Uhr Richtung Uniklinik, das gleiche Spiel mit Papa. Den habe ich dann erst mal mit einem Joghurt gefüttert und ihn mit nahezu einer ganzen Flasche Mineralwasser getränkt. Danach (und mit einem kalten Waschlappen auf dem Kopf) ging es ihm etwas besser und er ist sogar zwischendurch eingeschlafen. Ich hab am Bett gesessen und die Tränen gerade nur so zurückgehalten. Irgendwann nach 23 Uhr war ich zu Hause.

Der Nächste Tag ein Bangen und Zittern bei jedem Telefonanruf: Morgens war Papa in den Op gekommen, die erlösende Nachricht, daß alles gut gegangen ist, kam nach 21 Uhr Abends. Zwischendurch wieder zu Mama, die vor Sorge ganz Elend war. Mama hat dann unter meiner Aufsicht und mit Hilfe geduscht, danach gab es eine entspannende Fußmassage und Mutti konnte sich etwas beruhigen. Ich bin danach weitergeflitzt, hab die elterliche Blumenpracht im Garten gewässert, sämtliche bevorrateten Erdbeeren vertilgt und war dann gücklich heute früh um 2 im Bett. 7 Stunden später ging es weiter: einkaufen, Mama abholen, mit der uniklinik telefonieren und mit Mama den restlichen Tag verbringen. Wir haben uns die Unfallstelle angeschaut und waren hinterher leider genauso schlau wie vorher. Jetzt liegt Mama in ihrem eigenen Bett und schläft (hab sie dorthin noch eigenhändig verfrachtet). Ich hoffe sie träumt etwas Schönes. Morgen Mittag hole ich sie ab und fahre ganz vorsichtig zu Papa. Wir werden wohl länger als sonst brauchen, da Mama momentan fürchterliche Angst hat, wenn das Auto schneller wird. Ich finde es sowieso bewundernswert, daß sie gleich bei mir ins Auto gestiegen ist und auch die Unfallstelle sehen wollte. Wenn ich mit 77 noch so tough bin, dann kann ich stolz sein.

Warum ich das alles geschrieben habe? Weil ich irgendwohin damit mußte. Weil ich die letzen 2 Nächte kaum geschlafen habe. Weil ich zu Hause das totale Chaos habe, mit der Renovierung des „Hexenzimmers“ nicht weiterkomme und mich die Leute schon fragen, wann es bei mit zu Hause mit rattus noctis weitergeht. Weil ich mich frage, was ich noch alles schultern muß und kann ehe ich in die Knie gehe. Weil……..

Als ich Papa besuchte hörte ich von einer Plegerin einen Satz, der mir sehr zu denken gab und gibt. Sie sagte:“ Man bekommt immer nur so viel zum Tragen, wie man schaffen kann.“ Dann muß ich wohl von der zähen Sorte sein, oder die Schöpfung hat mich mit einem besonders starken „virtuellen Rückgrat“ ausgestattet. Bis jetzt habe ich alles getragen und ich hoffe ich werde das auch weiterhin. Drückt mir die Daumen und wünscht mir Kraft, ich kanns gebrauchen.

Fortsetzung folgt….

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