Sonne, Regen, und Salto Mortale

So könnte man den „mittelalterlichen Markt“ in Korbach am letzten Wochenende zusammenfassen.

Die Parkplatzmagie hat an beiden Tagen bestens funktioniert, und ich konnte den Dieselbesen direkt neben dem Markt abstellen. Sowas  freut mich natürlich. Auch das Wetter spielte fast immer mit und ich habe viele alte Bekannte getroffen und neue Leute kennengelernt. Nette Gespräche, reichlich Gelächter und letztendlich die Erkenntnis, das in der Goldstadt nicht alles golden ist, was da glänzt.

???

!!!

Nun denn, ich sollte wohl etwas ausführlicher werden.

Der Markt hatte die übliche Ausdehnung, vom Hauptbahnhof bis zum Rathaus. Auch dieses Jahr endeter er am historischen Rathaus und die gesamte mittelalterliche Altstadt samt Fachwertkbauten, Marktplatz, Kump und Pranger war (wie immer) leider aussen vor.

Der recht „luftige“ Aufbau der Stände war recht auffällig und auch die Tatsache, daß es (grob gezählt) locker 30 (!!!) Stände für Speis und Trank zu bestaunen gab. Vom Eingang des „Loches“ bis weit in die Professor-Bier-Straße eine einzige Freßmeile, in der man die Händlerstände ohne Nahrung an einer Hand abzählen konnte. Von den vielen Korbacher Betrieben, die ebenfalls das gastronomische Angebot mit Außensitzplätzen bereicherten, will ich jetzt gar nicht reden. Auf jeden Freß-/Saufstand kam zahlenmäßig etwa ein Händlerstand, wobei auch hier das Angebot nur bedingt mittelalterlich war. Kürbisse, Schnaps, Käse … oh ich bin schon wieder beim Essen … Polystone-Figuren, Schafwollschlappen, Trockenblumen, Modeschmuck, Steinketten, Duftpotpourris usw., geschützt von Wochenmarktschirmen mit Plastikumrandung bzw. schnell-aufstell-Pavillons. Und vielleicht 20 mittelalterliche Händler, mit einem ebensolchen Stand und den passenden Waren: Töpferin, Filzwaren, Lederarbeiten, Schmuck, Gewandung, Räucherwerk, Kinderspielzeug, Kupferanhänger, Holzwaren, Wolle. Ich habe eine ganze Menge Händler vermisst, die ich in den Jahren zuvor noch angetroffen hatte.

Dazu noch etwas Kinderbespassung gegen Entgelt wie Ponyreiten, Eierknacken, Armbrustschießen, Ballwurf, Karussell. Letztendlich meine 2 lustigen „Kolleginnen“,  ein Gaukler, meine Wenigkeit, Nachtwindheim und Federschrey sowie 3 Lager von Strack Duer, Bellicum Montanum und St. Regina.

Gewandete Besucher? Nahezu null. Spruch eines Besuchers: „Diesem Fest tue ich nicht noch die Ehre an, hier in Gewandung zu erscheinen.“ Selbst die Fraktion der Gothics war ,wenn überhaupt, nur in minimalen Spuren nachweisbar.

Vielleich hat es am Wetter gelegen, vielleicht aber auch an den Preisen: 6,- € für ein Fladenbrot mit Feuerlachs sind nicht gerade preiswert, 5,50 € für einen Knobifladen mit Feta und Soße allerdings auch nicht. Die Getränkepreise haben mich nicht interessiert, da ich in diesem Bereich immer Selbstversorger bin. Ich freute mich über die geöffneten Bäckereien, in denen es Körnerbrötchen mit Käse und frischen Kaffee zu ausgesprochen hexenfreundlichen Preisen gab. Und aufs „stille Örtchen“ durfte ich dort auch – und das völlig umsonst.

Tja, das „Örtchen“. Ehe ich mich darüber auslasse noch das Wetter: Samstag: Sonnig und recht windig, ab 17 Uhr fieser Regen und saukalt. Zwischendurch Regenstopp und Fluchtmöglichkeit. Sonntag Sonne und kaum Wind, mäßig warm. Zwischendurch 2 kleine Schauer. Alles in allem recht angenehmes Marktwetter.

Und nun wieder zum „Örtchen“, welches ich am Samstag dann wegen des genossenen Kaffees aufsuchen musste.

Es hatte eine ähnliche Optik wie das Nebenstehende, versehen mit der nahezu gleichen Treppe.

Ich ging also mal „für kleine Hexen“ und wollte dann mit gerichteter Gewandung und gewaschenen Händen  wieder die Treppe hinuntersteigen. Ich stand auf der ersten Stufe, sah nach unten, raffte meine Röcke und meinte noch zu der netten Reinigungsfrau:“ Gar nicht so einfach, mit den langen Klamotten. Da muß ich vorsichtig sein.“ In diesem Moment löste sich die komplette Treppe aus ihrer Halterung am Bauwagen und  krachte zu Boden. Ich machte natürlich den Abflug hinterher und landete mit Händen und Knien mitten in der Metallkonstruktion auf dem Pflaster!

AUA!

Ich lag eine gefühlte Ewigkeit da und konnte mich vor Schmerzen nicht bewegen. Die sofort hinzugeeilten Helfer haben mir dann beim Umdrehen geholfen und mich mit zwei Mann behutsam auf die Beine gestellt. Sie hatten dann auch festgestellt, daß mit der  Treppe so Einiges nicht in Ordnung war. Mehr möchte ich dazu hier nicht sagen, da das Ganze wohl noch ein Nachspiel haben wird. Setzen wollte ich mich nicht und nach einigen behutsamen Probebewegungen bin ich erst mal zu meinem abgestellten Karren zurück. Den Rest des Markttages verbrachte ich wegen der Schmerzen und dem einsetzenden Regen bei Strack Duer im Lager, wo ich liebevoll umsorgt wurde.

Gegen 18 Uhr wurden die Knie allerdings immer dicker und die Schmerzen nicht weniger. Ich bin dann gleich in Korbach im Krankenhaus vorbeigefahren, wo man mich ausgiebig geröntgt und untersucht hat. Zum Glück „nur“ Hautabschürfungen und üble Prellungen an beiden Knieen. Meine „Eigenpolsterung“, die mehrschichtige Gewandung, das Abfangen mit den Händen und ein riesiger Sack voll Glück hatten mich vor Schlimmerem bewahrt. Oder war es doch die Wirkung die Tonkabohne, die ich an diesem Tag geschenkt bekommen hatte? Was hätte alles passieren können? Der Doc meine auch, daß ich unverschämtes Glück gehabt hätte. Allei der Gedanke, daß es mich hätte schlimmer treffen können oder eine ältere Dame, werdende Mama, Mutter mit Kind usw. jagt mir noch eine Gänsehaut über den Rücken.

Der Sonntag verlief für mich ausgesprochen ruhig. Nach einer durch die Schmerzen ziemlich oft unterbrochenen Nachtruhe und viel von Annas Beinwellsalbe bewegte ich mich vorsichtig und entsprechend langsam. Warum ich nicht zu Hause geblieben bin? Etwas Bewegung und Ablenkung war ganz gut, denn im Sitzen tat alles noch viel mehr weh. Und ich wollte doch noch einiges klären und hatte mich auch mit Bekannten verabredet.  Ich kam also recht spät in Korbach an und war vor 18 Uhr bereits wieder verschwunden – übrigens mit ausdrücklichem Segen der Orga! Mein Sonntagslichtblick war der junge Unfallarzt vom Abend zuvor, der mich auf dem Markt gezielt ansteuerte, mir die Hand schüttelte und strahlend verkündete „Juhuu, Sie laufen!“

Was mir jetzt bleibt ist erst mal ein eingeschränkter Tätigkeitsbereich, da ich mich nur begrenzt bewegen kann. Ein Brief an die Verantwortlichen ist ebenfalls unterwegs, denn so einfach auf sich beruhen lassen kann und will ich diesen Vorfall nicht.

Und sonst? Mein Männe entlastet mich, wo es nur geht. Versorgt und bekocht mich und ist einfach nur lieb. Ab sofort habe ich gegen WC-Wagen ein tiefes Mißtrauen und werde sie nur im äußersten Notfall und nach eingehender Begutachtung der  Konstruktion in Anspruch nehmen.

Mein Fazit zum Markt: Wenn die Korbacher nicht schleunigst was am Konzept ändern, stirbt dieser Markt wie bereits der Weihnachstmarkt zuvor: Als Sauf- und Freßmeile ohne Ambiente. Schade wär’s.

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