Ein schwarzer Gast

beehrte uns noch am Sonntagabend. Eine Freundin hatte den „kleinen“ Kerl bei sich an der Mühle gefunden, konnte ihn aber wegen ihrer Hunde nicht behalten. Also nahm ich eine ziemlich geschockte, aber sonst unversehrte junge Krähe in Empfang. „Corvus Krahwinkel“ mußte die erste Nacht noch in einemn mit Stroh gepolsterten Pappkarton verbringen, ehe sie am nächten Morgen in eine geräumigere Bäckerkiste umziehen durfte.

Erfreulicherweise wusste sie mit ihrem Schnabel noch nicht allzuviel anzufangen, was meine Finger bei den ersten Fütterungen (die noch etwas Mithilfe meinerseits bedurften) sehr begrüssten. So ein Krähenschnabel ist schon eine respekteinflössende Einrichtung, vor allem, wenn man sonst Spatzenschnäbelchen gewohnt ist.

Corvus Krahwinkel war nicht sehr erfreut wenn ich sie, in ein Handtuch gewickelt, auf dem Schoß hatte und mit Futter betankte. Schmollend saß das schwarze Vogelkind in seiner Kiste, blickte mit wunderschönen blauen Augen um sich und sagte keinen Ton. Bis heute früh.

Das Krähenkind wollte wieder nicht so recht allein den Schnabel öffnen, und ganz in Gedanken sagte ich:“Sag AAA.“ Die Reaktion war erstaunlich: Mit einem recht rostig-quietschig  klingenden „RRRÄÄÄH“ sperrte meine Krähe brav den Schnabel auf und ließ sich füttern. Drei Happen später schnappte sie sich das Futter schon fast von selbst. Jedes „Sag AAA“ von mir wurde umgehend mit einer Antwort und einem aufgesperrten Schnabel beantwortet.

So gingen die Fütterungen samt dem abschließenden Tränken wirklich leicht von der Hand. Aber behalten konnte ich das Krahwinkel trotzdem nicht. Nicht nur, weil Krähen große Haufen kacken, die nicht gerade aromatisch duften, sondern auch, weil ich für einen Vogel dieser Größe einfach keine artgerechte Unterbringung bieten kann. Und nicht zuletzt wegen Krümel, die uns seit Sonntagabend eine Eifersuchtsszene nach der anderen darbot. Und Spatzendamen können verdammt eifersüchtig werden!

Zum Glück erfuhr ich durch die Greifenwarte Edersee von einem Herrn, der keine 6 Kilometer entfernt in Fritzlar eine Auffangstation betreibt.

Ein nettes Telefonat genügte, und schon konnte ich meinen schwarzen Gast heute Abend nach Fritzlar anliefern.

Liebevoll wurde die Kleine in Empfang genommen und gleich in eine jungvogelgerecht gestaltete Außenvoliere gebracht. Ich konnte mich noch in aller Ruhe verabschieden (was mir doch schwer fiel) und hatte danach mit dem „Vogelpapa“ noch ein anregendes Gespräch. Ein Fotoalbum dokumentierte seine Aufzuchterfolge, die vom Hirschkäfer über Greifvögel, Storche bis zum Rehkitz reichen. Was freue ich mich, dass mein Krahwinkel in so gute Hände gekommen ist.

Wenn alles gut klappt, könnte die junge Krähe schon in zwei Wochen mit ihren Artgenossen in Freiheit umherfliegen. Ich darf jederzeit anrufen und mich nach ihrem Befinden erkundigen. Und nicht zuletzt kann ich immer Vögel , die ich nicht selbst großziehen kann, zu dem netten Herrn bringen. Zum Abschied bedankte sich der Mann sogar noch, daß ich mir mit der Krähe so eine Mühe gemacht hätte. Ich habe zu danken, denn solche Tierfreunde mit ECHTER Tierliebe habe ich noch nicht allzu oft treffen dürfen.

Meiner Corvus Krahwinkel wünsche ich auf alle Fälle alles Gute und einen erfolgreichen Start ins Krähenleben. Ich hoffe, daß Odins Raben ein wenig auf ihre kleine Schwester aufpassen. Denn sie hat es wirklich verdient.

Alles gute, meine „Kleine“.

So, und jetzt muß ich erst mal dem Spatzenmädchen klarmachen, daß sie jetzt wieder die alleinige Königin im Hause ist.

TSCHILP!

 

 

Schreibe einen Kommentar