kommt Weihnachten so überraschend. Eben noch habe ich mich über die ersten Spekulatius im September aufgeregt, dann war da etwas, was man eher als warmen Nachsommer denn als Herbst bezeichnen mochte. Und plötzlich kam der erste Advent.
Huch, immer noch keine Weihnachtsbeleuchtung aufgebaut? Nun aber schnell! Zweiter Advent und Nikolaus kamen so schnell, ales hätte „Nickels“ Schlitten sie in vollem Galopp angeliefert. Kekse backen, endlich in der neuen Küche, die letztes Jahr um diese Zeit noch eine einzige Baustelle war. Wollten wir nicht längst die Egge and die Esszimerdecke ghängt haben? Und wieso haben wir den Rasen nicht nochmal gemäht, bevor der Winter kam? Welcher Winter? Der Rasen wächst gerade munter weiter.
Zwischendurch ein Besuch auf dem Erfurter Weihnachtsmarkt mit Mann und Mama. Schön war es, stressfrei durch „park and ride“ mit dem Weihnachtsticket. Zu sehen, wie meine Mama strahlte, als sie nach gut 30 Jahren mal wieder Strassenbahn gefahren ist, war schon herrlich. Auch der Weihnachtsmarkt war wunderschön. Zwischendrin eine Führung im Dom, dessen dicke Mauern den ganzen Trubel einfach abschirmten. Stille! Wie kostbar in dieser ach so hektischen Zeit.
Dann noch ein Treffen mit einer alten Freundin, die nur gut 20 Kilometer weg wohnt, und die ich das ganze Jahr nicht gesehen habe. Traurig genug, dass ich so oft an ihrem Haus vorbeigefahren bin, ohne anzuhalten. Entweder war ich unterwegs oder es war zu spät am Abend oder, oder… F. sagte mir, währen wir genüsslich unseren Tee schlürften, dass sie richtig Angst vor unserem Treffen gehabt hätte. Wären wir uns nach so vielen Jahren plötzlich fremd geworden? Wie würde unsere Begrüssung ausfallen? Wie unsere Gespräche? Hätten wir uns noch was zu sagen? Ich hatte mich schon gewundert, wie zurückhaltend sie auf meine Umarmung reagiert hatte. Dass es Unsicherheit war, wäre mir nicht in den Sinn gekommen. Wie schön, dass unsere Unterhaltung und das miteinander ganz schnell in die gewohnten Bahnen eingeschwenkt ist. Wie jedes Jahr gaben wir uns das Versprechen, uns im nächsten Jahr öfters zu sehen. Ob es klappt? Ich hoffe es jedenfalls und werde auch meinen Teil dazu beitragen.
Urplötzlich steht das letzte Wochenende vor Weihnachten vor der Tür. Auch der letzte Advent war von Arbeit geprägt. Zwischendurch hab ich noch einige Päckchen verschickt und das Weihnachtsessen für unsere Muttis geplant. Da halte ich es stressfrei, soviel ist sicher. Das Julfest wollte ich feiern, mich in der längsten Nacht des Jahres einfach mal runterfahren. Und es hat, wie so oft, nicht geklappt. Zu viel im Kopf, zu viel Drumherum einfach zuviel von allem, was nervt und belastet. Das Haus sieht teilweise aus, als wären Dschinghis Khans Horden eingefallen und in meinem Kopf sieht es gerade ähnlich aus. Was wollte ich doch eben noch?
Die letzten Tage vor Heiligabend und der Versuch, wenigstens nicht am letzten Tag noch die restlichen Einkäufe und die Besorgung eines Weihnachtsbaumes zu machen. Noch einen Freund auf dessen Dienststelle besucht und einen grossen Schokoweihnachtsmann abgeliefert. T. macht über die Feiertage Dienst. Er ist Single und hat keine Lust, dass ihm zu Hause die Decke auf den Kopf fälllt. Dann, mit den getätigten Einkäufen, voller Erwartung zum Weihnachtsbaumstand. Welcher Stand? Einige Reisigreste und eine an den Rand gestellte Umzäunung, das war’s. Innen im Baumarkt ein ähnlich trostlosen Bild. Geplünderte Regale und ein Ausverkauf der letzten Weihnachtsartikel. Irgendwie kam ich mir verloren vor.
Heute ist der heilige Abend. Oder st es der eilige? Wieder sitze ich vor einem Stapel an unerledigten Sachen und dampfe gerade meine „to do Liste“ für heute auf ein Mindestmaß zusammen. Es wird schon gehen, irgendwie. War das nicht auch letztes Jahr mein Spruch? Die Weihnachtspost wird dieses Jahr eine Neujahrspost werden. Mit schlechtem Gewissen denke ich an all die, denen ich schreiben wollte. Dschinghis Khans Horden sind wohl immer noch im Haus (zumindest sieht es nicht viel anders aus las letzte Woche). Mein Mann holt noh Getränke und einen Weihnachtsbaum (ha!).
Was mache ich falsch? Mache ich was falsch? Kommt es nur mir so vor, als würden die Adventstage einfach davonrasen, so wie der Rest des Jahres? Dreht sich die Welt schneller als früher? Denke ich langsamer? Die gesamten Feiertagen sind schon voll verplant, ebenso der Silvesterabend. Wo bleibe ich da, wo bleibt die Zeit für mich mal nachzudenken, mich auf das zu besinnen, was mir wichtig ist? Wann werde ich endlich mal wieder in Ruhe dasitzen und einen Brief schreiben können? (Über meine Schriftstellerei rede ich jetzt lieber gar nicht.) Wie würde ich das alles schaffen, wenn ich noch Vollzeit berufstätig wäre? Habe ich das falsche „Zeitmanagement“? Alles in mir wehrt sich dagegen, meine Lebenszeit minutengenau einzuteilen und so zu strukturieren, dass ich „voll nach Plan“ funktioniere. Schon jetzt fehlt mir der Freiraum das zu tun, was ich tun möchte. Und ich werde das Gefühl nicht los, dass diese Situation gerade alle Energie aus mir heraussaugt, die ich habe. Jedenfalls fühle ich mich so.
Vielleicht finde ich ja „zwischen den Jahren“ mal etwas Zeit für einen Spaziergang, der mir die nötige Ruhe gibt, um einige Gedanken zu ordnen und Entschlüsse zu fassen. Womit wir dann bei den guten Vorsätzen für das neue Jahr wären. Nächstes Jahr mache ich alles anders/besser/eher…. Mein Stapel an mehr oder weniger säuberlich geschriebenen „to-do-Listen“ ist jedenfalls beachtlich. Immerhin weiss ich, was noch alles zu erledigen ist. Und dieses Wissen macht es gerade auch nicht einfacher, im Gegenteil.
Wenigstens habe ich mir die Zeit genommen, diesen Artikel zu schreiben. Ein kleiner Anfang – vielleicht.
Und zum Schluss? Allen, denen es ähnlich geht, schenke ich ein wissendes Lächen, ein verschwörterisches Blinzeln und ein ermunterndes „komm, das klappt schon“ Nicken. Auf die, bei denen alles perfekt orgnisiert ist und klappt, bin ich zugegeben doch etwas neidisch. Und allen zusammen wünsche ich von Herzen frohe Feiertage.
Hallo Elke,
danke, diese guten Wünsche gebe ich gern an euch zurück.
Liebe Grüße
Dodo
Hallo Doris,
trotz der Hektik und dem Stress am heutigen Tage habe ich die kleine Auszeit genossen und amüsiert und leicht schmunzelnd deinen neuen Tagebucheintrag gelesen.
Ich wünsche dir und deinen lieben eine ganz schöne und entschleunigte Weihnachtstage.
Liebe Grüße aus Duisburg
Elke