Heute vor einem Jahr

ist mein Schwiegerpapa Gerhard gestorben. Schon vor Tagen kreisten unsere Gespräche und Gedanken um dieses Datum. Und irgendwie hatten alle Angst davor, jeder auf seine Weise. Zu plötzlich und zu schmerzlich war damals der Verlust. Auch wenn Papa in Frieden im Schlaf hinübergewandert ist, war es doch für uns Zurückbleibende eine schlimme Zeit. Wir waren damals wie betäubt und haben uns wohl bewegt wie Roboter.

Gestern Abend waren mein Mann und ich auf dem Friedhof. Allein und in der Dunkelheit. Der Mond stand am Himmel und die Sterne funkelten nur so. Wir hatten eine kleine Deko fürs Grab dabei und eine Laterne, die wir dann mit einem Licht bestückt haben. Dann haben wir ein Räucherstäbchen angezündet und einfach nur an Papa gedacht und uns von ihm erzählt. Ohne Tränen ging das nicht, aber die Tränen waren auch heilsam und befreiend. Er fehlt uns immer noch so sehr, vor allem mein Mann vermißt seinen Vater.

In den letzten Wochen vor Papas Tod waren sich Vater und ältester Sohn so nahe wie seit Jahren nicht. Als wenn Papa damals etwas geahnt hätte, suchte er mit seinem „Großen“ immer wieder das Gespräch. Es waren so richtige „Männergespräche“ von Vater zu Sohn und ein kostbares Geschenk, daß mein Mann nie vergessen wird.

Steh‘ nicht an meinem Grab und weine.
Ich bin nicht dort.
Ich bin nicht tot.
Ich bin in den tausend wehenden Winden.
Ich bin der Diamant, der im Schnee glitzert.
Ich bin das Sonnenlicht über dem reifen Korn.
Ich bin der sanfte Hebstregen.
Wenn du in der morgendlichen Stille erwachst, bin ich der Vogel,
der sich schnell in die Lüfte erhebt.
Ich bin der Stern, der in der Nacht leuchtet.
Steh‘ nicht an meinem Grab und weine.
Ich bin nicht dort.
Ich bin nicht tot!

 

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