Der Ausflug

Heute war es in unserem Dörfchen zum Feiertag so angenehm still. Dazu schien die Sonne und ein leichter Wind wehte. Ich hatte schon vor längerem die Idee gehabt, unseren Pilps langsam auch an das Leben außerhalb des Hauses zu gewöhnen. Nicht als Dauerzustand, dazu ist das Kerlchen einfach zu menschbezogen (böse Stimmen würden es wohl „fehlgeprägt“ nennen) aber um sein Umfeld einfach zu erweitern. Da Pilps inzwischen brav auf seinen Namen hört, auf Zuruf auch angeflogen kommt und ich aus Beobachtungen weiss, daß seine erste Anlaufstelle stets die menschliche Schulter ist, wagte ich heute mit Herzklopfen das Freiflug-Experiment.

Ich öffnete Flur- und Haustür, platzierte Pilps in der Küche und mich im Rahmen der Haustür und rief ihn dann. Neugierig folgte er meiner Stimme, entdeckte mich und flog durch den recht dunklen Flur zielstrebig auf meine Schulter. Von dort hatte er dann Gelegenheit, einen ersten Blick durch den Vorbau nach draußen in den Garten zu werfen. Seine Äuglein wurden groß, das Hälschen lang und er weigerte sich standhaft, seinen Platz auf meiner Schulter zu verlassen. So schob ich mich schrittweise mit Pilps weiter in das Vorhäuschen hinein. Vor den Treppen zum Häuschen saß „Papa“ auf der Bank und rief das Spätzchen. Und der keine Kerl startete, flog das Stück durch den Vorgarten und landete auf seinem Menschepapa. Als wenn es nichts Wichtigeres gäbe, wurde dort gleich der lange Vollbart durchsucht und frisiert. Was ringsherum passierte, war dem Spatz offensichtlich komplett egal. Seine Menschen waren ja da und der geliebte Vollbart zum durchwühlen auch. Mir war schon etwas mulmig zu mute, als ich unser Kerlchen da so in der freien Natur auf Papa hocken sah. Als ich näher kam, hopste Pilps ganz selbstverständlich auf meine Finger und legte sich auf Kommando auch auf sein Bäuchlein. (Diesen Trick habe ich ihm vor einigen Wochen beigebracht, und er funktioniert hervorragend). Dann liessen wir das Spätzchen von einem zum anderen fliegen. Pilps benahm sich wie in der Wohnung, nur war er um einiges vorsichtiger, was unbekannte Geräusche und Bewegungen anging. Wenn er auf einem von uns saß, fühlte er sich aber sichtlich sicher. Das ging so weit, dass Papa in den Hals und ich in die Finger gebissen wurde. Ich habe ihn dann mehrfach zur Haustür getragen und ihn allein wieder ins Haus fliegen lassen. Er rief dann nach uns und kam auf Zuruf gleich wieder anpropellert. Er hat nicht eine Sekunde lang auch nur den Versuch gemacht, in den Garten abzuhauen oder aus unserer Nähe zu vrschwinden. So fixiert wie er auf uns ist, war das auch nicht  zu erwarten (aber Angst hatte ich zuerst trotzdem). Schließlich saßen wir Menschen auf der Bank und das Spätzchen ruhte sich vom ersten Ausflug in die Natur in meiner Handfläche aus. so groß ist sein Vertrauen, daß er doch tatsächlich das Köpfchen ins Gefieder steckte und einfach einschlief. Auf seinen Menschen kann ihm ja nichts passieren. Nach diesem Ausflug war er übrigens ausgesprochen hungrig und wurde in der Küche mit einem dicken Brötchenkrümel belohnt.

Ich war so froh und glücklich über dieses kleine Wunder, dass ich am liebsten die Nachbarn rausgeklingelt und mit dem Spatz angegeben hätte. Neee – hab ich nicht gemacht, da Angeben meist etwas Negatives nach sich zieht und sicher die schöne Stimmung kaputt gegangen wäre. Aber ich bin vor Stolz auf unseren Piepmatz fast geplatzt – uns sein Papa übrigens auch.

Einige Bilder habe ich mit der Mobilfon-Kamera gemacht (die kennt er nämlich und stört sich nicht an ihr).

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