Qualität oder besser/schlechter

Qualität ist so ein Begriff, den man in verschiedener Weise verwenden kann. Letztendlich interpretiert man diesen Begriff jedoch immer als Wertung. Und da ist die Qualität dann eben z.B. besser oder schlechter.

Genug der Vorrede, worum geht es mir heute?
Wie ist die Wertigkeit/Qualiuät eines Menschen?
Was für eine bescheuerte Frage, wird jetzt mancher sagen. Und da stimme ich vollkommen zu. Warum ich mich dann diesem Thema widme? Weil mich – mal wieder – etwas nicht loslässt, was ich vor einigen Tagen erlebt habe.
Ich war als Gast zu einer Feier eingeladen, an der u.A. auch ein guter Bekannter mit Frau und seinen beiden Söhnen teilnahm. Die Kinder kennen mich nicht besonders gut, waren aber gleich lebhaft und aufgeschlossen, als ich mich mit ihnen beschäftigte. Ich muss zugeben, dass ich auch etwas schabernack getrieben habe. Egal, wir drei haben und angegrinst und hatten eine Menge Spaß. Ich habe mich mit den beiden Jungs ca 7 und 5 Jahre alt auch unterhalten und bekam vor allem vom Jüngeren eine Menge erzählt. Der Ältere war etwas stiller, dafür aber zu allerlei Streichen aufgelegt. Es brauchte dann auch einiger Erinnerungen um klarzumachen, dass wir später weiterspielen, aber das nicht während des Essens tun. Aber alles war im Rahmen und absolut in Ordnung.
Irgendwann wurde es den Kindern dann langweilig und sie spielten in dem großen Raum, nachdem ich ihnen einige Vorschläge „macht doch mal das und das…“ gegeben hatte. Das Ganze wurde auch mit Feuereifer umgesetzt.
Dann hatte ich endlich Gelegenheit, mich mit dem leicht genervt wirkenden Papa zu unterhalten. Und schon direkt zu Anfang sagte er zu mir: „Der Zweite wird mal besser.“ Ich dachte ich habe mich verhört und fragte nochmal nach. Wieder kommt dieser Satz: „Der Zweite wird mal besser.“ Ich bat um eine Erklärung und der Vater erzählte mir ganz frei heraus, dass der Grosse nicht so ganz „rund“ laufen würde. Der Kleine frage viel mehr, wäre wissbegieriger und aufgeweckter. Zum Glück wandte sich das Gespräch dann anderen Themen zu.
Mir geht dieser einfach so dahergesagte Satz nicht aus dem Kopf: „Der Zweite wird mal besser.“ Das sagt ein Vater über seine Kinder, die gerade erst in der Schule oder noch im Kindergarten sind. Wie klingt denn das? So wie: „Der Grosse war ein erster Versuch, aber der Kleine ist beser gelungen.“? Prototyp und Endprodukt?
Sollten Eltern Lieblingskinder haben? Merken die Kinder nicht, dass Papa ihnen eine unterschiedliche Qualität beimisst? Gibt es denn in den Köpfen der Eltern heutzutage immer noch die Klischees vom „guten Kind/schlechten Kind“?
„Der Zweite wird mal besser.“ Dass sollte niemand jemals über sein Kind sagen, niemals! Kinder sind Persönlichkeiten, die sich nach und nach entwickeln. Und es liegt in erster Linie an den Eltern, was aus ihnen wird. Und letztendlich hat jedes Kind eine Persönlichkeit, Stärken und Schwächen.Und aus den Kindern werden Erwachsene, die im Leben ihren eigenen Weg gehen müssen.
Ich kann mir nur wünschen, dass der Vater das nur gedankenlos gesagt hat, bin aber in diesem Fall eher (und leider) vom Gegenteil überzeugt. An manchen Tagen kann ich nur noch den Kopf schütteln. Wie weh es einem Kind wohl tut, wenn es merkt, dass der Vater as Geschwisterkind mehr liebt, es als „besser“ betrachtet? Ich mag mir nicht ausmalen, was dies für die gesamte Entwicklung der Kinder bedeuten könnte.
Übrigens…
Was wäre wenn die Eltern sich irgendwann mal trennen und dann der älteste Sohn über den neuen Lebensgefährten der Mutter sagt: “ Der Zweite wird mal besser.“?
Dies sei zum Schluß leise und gehässig angemerkt.
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Vergessen und vergessen werden

Ein „pikanter“ Begriff, wo doch gerade in Deutschland immer wieder gefordert wird, dass wir „niemals vergessen“ dürfen. Das mag für die Politik und historische Ereignisse gelten, aber wie sieht es im Kleinen aus? Es geht mir jetzt auch nicht um das Vergessen historischer Ereignisse, sondern um den Begriff in seiner Bedeutung allgemein.

Googelt man diesen Begriff, so findet man:

ver·gẹs·sen
Verb [mit OBJ]
  1. 1.

    (jmd. vergisst etwas)

    aus dem Gedächtnis verlieren.
    „Ich habe ihre Telefonnummer vergessen.“
  2. 2.

    (jmd. vergisst jmdn./etwas)

    nicht mehr an jmdn. oder etwas denken.für alle Zeit dankbar/böse sein.
    „Vergiss nicht, die Katze zu füttern!“
Verb [mit SICH] (jmd. vergisst sich)
  1. 1.
    die Kontrolle über die eigenen Handlungen verlieren.
    „Nachdem er über eine Stunde vergeblich auf sein Essen gewartet hatte, vergaß er sich und begann im Lokal zu toben.“
  2. 2.
    umg.

    Vergiss es!

    das hat keinen Sinn, das ist nicht so wichtig!

Vergessen kann schlecht, aber auch gut sein. Manchmal wäre es sicher gut, wenn man unliebsame Erinnerungen und Erlebnisse einfach mal so aus dem Gedächtns löschen könnte. Aber was passiert, wenn man regelrecht gelöscht wird? Wenn einem der eigene Verstand immer mehr Streiche spielt und man langsam alles vergisst, was einen selbst und auch sein Umfeld ausgemacht hat? Wir Menschen leben auch von und durch unsere Erinnerungen und Erfahrungen. Wie muss es sein, wenn täglich ein Stückchen davon in den Nebel des Nichts abdriftet und sich nie mehr zurückholen lässt?

Letzte Woche hatte ich ein Erlebnis, das mich immer noch beschäftigt.

Eine Dame, nennen wir sie hier mal Frau J., kenne ich nun schon seit mehr als 26 Jahren. Sie ist lange verwitwet, hat einen Sohn, der mit seiner Familie etwa 30 Kilometer entfernt wohnt. Sie war stets eine aufgeweckte, lebhafte Person, die einen recht eigenwilligen Begriff von Ordnung und Sauberkeit hatte. Heute würde man es als penibel, Putzfimmel oder schon gar eine Manie bezeichnen. Nie habe ich eine Person mehr schrubben, kehren, wischen und putzen gesehen. Jeden Samstag wurde die Strasse gekehrt und der Gartenzaun abgewaschen. Kein Grashalm oder Moosplösterchen hatte zwischen die Ritzen der verlegten Gehwegplatten im Garten und  dem Pflaster vor dem Haus den Hauch einer Chance. Das fallende Laub im Herbst wurde als Kriegserklärung gegen die Ordnung betrachtet und erbarmungslos beseitigt, notfalls mehrfach am Tag. Alles im und ums Haus glänzte vor Sauberkeit. Sogar der Betonfussboden in der Waschküche war spiegelblank gebohnert. Selten sah ich die alte Dame ohne ihre Kittelschürze, in der sie stets emsig mit irgendeiner Tätigkeit beschäftigt war, die sich nahezu immer um Ordnung und Sauberkeit drehte. Auch wenn wir in diesem Bereich des täglichen Lebens gegesätzlicher nicht sein könnten, hatten wir immer ein gutes und auch herzliches Verhältnis zueinander. Jede Begegnung hatte ein freundliches Wort und es gab immer mal einen netten Schwatz „über den Gartenzaun“. Frau J. hatte einen Bekannten, der sie mit seinem kleinen auto oft abholte. Beide genossen diese Ausflüge sehr und halfen sich gegenseitig. Stets war Frau J. „wie aus dem Ei gepellt“ wenn sie das Haus verließ.

Dann erlitt ihr Bekannter einen Schlaganfall und konnte nicht mehr Auto fahren. Nun verengte sich ihr Radius, den sie zur Verfügung hatte. nicht zuletzt durch die schlechte Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel im Ort. Aber Spaziergänge mit ihrer Freundin aus der Nachbarschaft und  Besuche bei ihrem Bekannten machten ihr Leben weiterhin vielfältig und interessant.

Es muss so gut anderthalb Jahre her sein, als sie mir bei einem Gespräch erzählte, dass sie sich neuerdings immer so müde fühle. Der Arzt hätte ihr etwas gegen zu hohen Blutdruck gegeben und sie hätte ein erhöhtes Schlafbedürfnis. Noch machte ich mir keine Sorgen. Dies änderte sich jedoch, als Frau J. danach mehfach hintereinander zusammenbrach und ins Krankenhaus musste. Ihre Aufenthalte dort waren von unterschiedlicher Dauer, aber jedes Mal kam sie stiller und in sich gekehrter zurück. Die Müdigkeit liess sich nicht abschütteln und es kam Appetit- und Teilnahmslosigkeit dazu. Unsere Gespräche dauerten plötzlich länger, da sie öfters nach Begriffen suchen musste und sich merklich darüber ärgerte.

Als ich sie das erste Mal mit verschiedenfarbigen Socken und einem umgeschlagenen Hosenbein sah wusste ich, dass da etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Dann veränderte sich die Lage rasant: Sie putzte nicht mehr draussen, ein Helfer kam (und kommt) zum Rasenmähen und der Pflegedienst der Diakonie rast mehrfach täglich bei ihr durchs Haus (anders kann man diese zeitbegrenzte, hektische Versorgung im Minutentakt nicht nennen).  Auch „Essen auf Rädern“ wird Mittags gebracht. Nur den Sohn sehe ich sehr selten, seine Familie samt Enkelin nie. Frau J. verlässt das Haus immer seltener, bekommt nahezu nie Besuch. Ihre Freundin ist gesundheitlich angeschlagen und so fallen jetzt auch die gemeinsamen Spaziergänge zum Friedhof weg. Dann erfuhr ich von ihrem Sohn die traurige Diagnose: Demenz!

Demenz ist grausam, nicht nur für den Betroffenen. Es ist schleichend, nicht umkehrbar und so schwer zu verstehen. Auch meine Oma hatte Demenz und den Tag, an dem sie mich freundlich fragte „Wer sind Sie?“ werde ich nie vergessen. Nun scheint es Frau J. auch so zu gehen. Schon lange spricht sie uns nicht mehr mit Namen an, da sie sich offensichtlich schämt nicht mehr zu wissen, wie wir heissen. Sie merkt deutlich, das etwas nicht stimmt, kann es aber nicht beschreiben. Diese Trauer und Hilflosigkeit in ihren Augen zu sehen tut weh.  Manchmal möchte sie uns etwas Gutes tun, hängt uns ein Tütchen mit Obst oder Wurst an die Türklinke. Manchmal liegen aber auch stattdessen ihre Abfälle da, weil sie einfach keine Unterscheidung mehr treffen kann. Wir räumen den Abfall dann kommentarlos weg, sie meint es ja nicht böse.

Letzte Woche fuhr ich bei ihr vorbei, als ich die offene Haustür und ein nahezu komplett erleuchtetes Haus bemerkte. Ich hielt an und ging zur Tür. Sie war einen Spalt geöffnet, und ich bekam Angst, was ich dahinter vorfinden könnte. War etwas passiert? Vielleicht sogar ein Überfall oder ein Notfall? Ich klopfte und rief und Frau J. kam mir zum Glück unversehrt entgegen. Ich versuchte ihr zu erklären, dass ihre Tür offen war, doch sie verstand mich nicht. In ihrer kleinen Küche sassen wir dann zusammen am Tisch und ich musste zuschauen, wie sie versuchte eine zweite Brille über ihre erste zu setzen. Als ich ihr zum wiederholten Male ein frohes neues Jahr gewünscht hatte, verstand sie mich ebenfalls nicht. Ihre penibel Kante auf Kante auf der Fensterbank gestapelten Tageszeitungen hatte sie offensichtlich in den letzten Tagen noch nicht gelesen. Und dann hantierte sie mit zwei Schlüsselmäppchen, wobei sie ständig eines in das andere Stecken wollte und sich über den zu geringen Platz darin wunderte. Dann bemerkte ich, dass sie sich auf ihrem glatten Fussboden auf Socken bewegte. Ich schaute nach ihren Schuhen, fand sie aber nicht. Ich wollte nun nicht einfach in ihren Räumen nachschauen und konnt ihr so nicht helfen. Als sie mir dann zur Haustür folgte und mehrfach die Kellertür öfffnete, um dort unten irgendetwas suchen zu wollen, bekam ich richtig Angst. Eine alte Dame, die schon etwas wackelig steht, dazu dement ist und auf Wollsocken auf einem glatten Linoleumboden läuft… Wie schnell kann sie stürzen und niemand merkt es. Ihre Haustür hatte sie übrigens abgeschlossen, allerdings während sie geöffnet war. Das war auch der Grund, warum sich die Tür nicht schließen lies. Ich bat sie dann um ihre Schlüssel, entriegelte das Schloss und versprach ihr im Gehen, die Tür richtig fest zuzuziehen. „Ich habe Angst“, sagte sie da. „Ich traue hier nichts und niemandem mehr. Alles ist so seltsam.“ Als ich mich verabschiedete und ging sah ich durch die Glasscheibe der Tür noch, wie sie verzweifelt versuchte mit dem falschen Schlüssel ihre innere Flurtür zu verriegeln.

Mein Mann hat dann über Umwege, auf die ich hier nicht näher eingehen will, ihren Sohn erreicht und ihm die Geschehnisse und unsere Besorgnis geschildert. Es war ein kurzes Gespräch mit der Versicherung „Er würde sich um das Notwendige kümmern und hätte schon Massnahmen eingeleitet.“

Gesehen habe ich ihn seitdem nicht. Weder bei Frau J. geschweige denn, dass er mal bei uns geklingelt und sich detaillierte Informationen besorgt hätte. Ich weiss, dass Frau J. eine nicht immer einfache Person war und ist, doch sie hat ihrem Sohn alles ermöglicht, zu was sie irgendwie in der Lage war. Dass er sie nur ab und zu  besucht, um einige Einkäufe zu erledigen, macht mich traurig. Als in der Nachbarschaft eine alte Dame Besuch von ihrer Familie bekam, sagte sie einmal zu mir: „Das würde ich auch gern einmal erleben, dass sich meine Schwiegertochter nur einmal um mich kümmern würde.“ Ob und inwieweit das stimmt kann ich nicht beurteilen. Aber ich weiss, das sie sehr einsam ist. Vielleicht ist es auch diese Stille, die Einsamkeit und das Fehlen von Anreizen, die ihre Demenz jetzt so schnell fortschreiten lässt. Der Blick in ihre Augen hat mich so unendlich traurig gemacht. Wo  früher Lebensust und ein wacher Geist strahlten, sah ich nur noch Leere und eine unendliche Verlorenheit.

So wird sicher bald wieder ein Haus leerstehen und die Bewohnerin im Pflegeheim landen. Ich kann nichts dagegen tun, ihr nur wünschen, dass man sich dort gut um sie kümmert und sie nicht allein im Zimmer vor sich hindämmert. Ob ihre Familie sie dann mehr besucht? Ich bezweifle es.

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So, da ist es also, das neue Jahr.

Und plötzlich auch schon der zweite Tag davon.

War nicht eben erst Herbst, Weihnachten und dann Silvester? Stimmt, der Dekoration und dem Baum im Wohnzimmer nach muss da etwas gewesen sein. Noch gibt es Restkekse und den Duft von Tannengrün im Haus. Die Silvesterfeier klingt im Kopf noch nach. Wunderschön war es, friedlich, mit viel Zusammenhalt. Ich (und nicht nur ich) habe jede Minute genossen. Fast hätten wir noch den Jahreswechsel verpasst, so viel gab es zu lachen und zu erzählen. Und mit einem guten Freund live Musik zu machen war ein besonderes Erlebnis.

Schwupps ist es 2016. Grau ist es draussen, kalt und eben kam so etwas wie Schneegriesel vom Himmel. Ich hocke hier, mit meinem zweiten Pott Kaffee, den ich „eigentlich“ nicht trinken sollte, da mein armer Kreislauf dann sicher Purzelbäume schlägt. Und uneigentlich trinke ich ihn doch, da ich sonst wohl komplett in den Winterschlafmodus fallen, und zielstrebig Couch oder Bett ansteuern werde. Nicht mal die Kälte draussen, als ich das Futterhäuschen aufgefüllt, und den Garten inspiziert habe, hat mich richtig wach gemacht.

Für zwei Spätzchen draussen hielt das neue Jahr nur den Tod bereit. Der Sperber hat wohl wieder zugeschlagen, und ich konnte nur noch die Reste bergen. Ich kann dem Sperber nicht böse sein, er tut nur, was ein Greifvogel tut. Ich hoffe, die Kleinen sind schnell gestorben und haben nichts gespürt. Ich kann die Natur nicht hassen, weil sie die Natur ist. Den Kreislauf von Leben  und Tod muss ich akzeptieren. Etwas anderes ist es, wenn ich in Facebook sehen und lesen muß, dass Vollidioten einen Nistkasten mit Böllern gesprengt, und die darin schlafende Meise getötet haben. Da steigt mir schlagartig die Magensäure (und das nicht vom Kaffee).

Auch wir haben hier in der Nachbarschaft so einige grenzebile Destillate der Dummheit, die meinen mit illegalen Böllern nicht nur zum Jahreswechsel randalieren zu müssen. Denen würde ich so eine Ladung Kanonenschläge liebend gern mal in den Allerwertesten stecken und anzünden. Wie erbärmlich muss es um das Ego solcher Zeitgenossen (das Wort Mitmenschen mag ich nicht benutzen!) stehen, wenn sie im alkoholisierten Zustand regelmässig zu absoluten Nachtzeiten die Umgebung mit Böllern terrorisieren? Wenn ich jetzt den guten Siegmund Freud bemühen, und Rückschlüsse von der potentiellen Länge des Gemächtes zur „Bestätigung durch Böller“ ziehen sollte… dann käme ich schnell zu dem Schluss, dass die Böller wohl das Dickste sind, was solche Personen aufzubieten haben. Also kann ich diesen armen Kreaturen wohl nicht mal böse sein. Wenn es sowohl oben als auch unten fehlt, ist wohl eher Mitleid angebracht. Wobei mir dieses Gefühl im aktuellen Fall ziemlich schwer fällt.

Womit ich dann wohl bei den Vorsätzen für das neue Jahr bin.

„Gute“ Vorsätze, die ich voller Elan fasse und dann doch nicht einhalte? Och nööö! aber meine ganz persönlichen Vorsätze, die ich dieses Jahr umsetzen will:

  • schreiben
  • lesen
  • Fotos machen
  • neugierig sein
  • lieben
  • lachen
  • mich freuen, auch und besonders über ganz kleine Dinge
  • Das Leben geniessen und die Gesellschaft derer, die mir besoders wichtig sind.
  • Echte Freundschaften pflegen.
  • Dinge ablegen und Erlebnisse abhaken, die mir nicht gut tun.
  • Mich nicht verbiegen/lassen.
  • Ich sein.

Na, wenn das mal keine ordentliche Liste ist. Es kann losgehen. 2016 wird mit Sicherheit nicht eine Sekunde langweilig und sehr spannend.

Der Kaffee wirkt jetzt übrigens und ich bin endlich ganz wach. Auf geht’s, neues Jahr, ich komme!

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Alle Jahre wieder

kommt Weihnachten so überraschend. Eben noch habe ich mich über die ersten Spekulatius im September aufgeregt, dann war da etwas, was man eher als warmen Nachsommer denn als Herbst bezeichnen mochte. Und plötzlich kam der erste Advent.

Huch, immer noch keine Weihnachtsbeleuchtung aufgebaut? Nun aber schnell! Zweiter Advent und Nikolaus kamen so schnell, ales hätte „Nickels“ Schlitten sie in vollem Galopp angeliefert. Kekse backen, endlich in der neuen Küche, die letztes Jahr um diese Zeit noch eine einzige Baustelle war. Wollten wir nicht längst die Egge and die Esszimerdecke ghängt haben? Und wieso haben wir den Rasen nicht nochmal gemäht, bevor der Winter kam? Welcher Winter? Der Rasen wächst gerade munter weiter.

Zwischendurch ein Besuch auf dem Erfurter Weihnachtsmarkt mit Mann und Mama. Schön war es, stressfrei durch „park and ride“ mit dem Weihnachtsticket. Zu sehen, wie meine Mama strahlte, als sie nach gut 30 Jahren mal wieder Strassenbahn gefahren ist, war schon herrlich. Auch der Weihnachtsmarkt war wunderschön. Zwischendrin eine Führung im Dom, dessen dicke Mauern den ganzen Trubel einfach abschirmten. Stille! Wie kostbar in dieser ach so hektischen Zeit.

Dann noch ein Treffen mit einer alten Freundin, die nur gut 20 Kilometer weg wohnt, und die ich das ganze Jahr nicht gesehen habe. Traurig genug, dass ich so oft an ihrem Haus vorbeigefahren bin, ohne anzuhalten. Entweder war ich unterwegs oder es war zu spät am Abend oder, oder… F. sagte mir, währen wir genüsslich unseren Tee schlürften, dass sie richtig Angst vor unserem Treffen gehabt hätte. Wären wir uns nach so vielen Jahren plötzlich fremd geworden? Wie würde unsere Begrüssung ausfallen? Wie unsere Gespräche? Hätten wir uns noch was zu sagen? Ich hatte mich schon gewundert, wie zurückhaltend sie auf meine Umarmung reagiert hatte. Dass es Unsicherheit war, wäre mir nicht in den Sinn gekommen. Wie schön, dass unsere Unterhaltung und das miteinander ganz schnell in die gewohnten Bahnen eingeschwenkt ist. Wie jedes Jahr gaben wir uns das Versprechen, uns im nächsten Jahr öfters zu sehen. Ob es klappt? Ich hoffe es jedenfalls und werde auch meinen Teil dazu beitragen.

Urplötzlich steht das letzte Wochenende vor Weihnachten vor der Tür. Auch der letzte Advent war von Arbeit geprägt. Zwischendurch hab ich noch einige Päckchen verschickt und das Weihnachtsessen für unsere Muttis geplant. Da halte ich es stressfrei, soviel ist sicher. Das Julfest wollte ich feiern, mich in der längsten Nacht des Jahres einfach mal runterfahren. Und es hat, wie so oft, nicht geklappt. Zu viel im Kopf, zu viel Drumherum einfach zuviel von allem, was nervt und belastet. Das Haus sieht teilweise aus, als wären Dschinghis Khans Horden eingefallen und in meinem Kopf sieht es gerade ähnlich aus. Was wollte ich doch eben noch?

Die letzten Tage vor Heiligabend und der Versuch, wenigstens nicht am letzten Tag noch die restlichen Einkäufe und die Besorgung eines Weihnachtsbaumes zu machen. Noch einen Freund auf dessen Dienststelle besucht und einen grossen Schokoweihnachtsmann abgeliefert. T. macht über die Feiertage Dienst. Er ist Single und hat keine Lust, dass ihm zu Hause die Decke auf den Kopf fälllt. Dann, mit den getätigten Einkäufen, voller Erwartung zum Weihnachtsbaumstand. Welcher Stand? Einige Reisigreste und eine an den Rand gestellte Umzäunung, das war’s.  Innen im Baumarkt ein ähnlich trostlosen Bild. Geplünderte Regale und ein Ausverkauf der letzten Weihnachtsartikel. Irgendwie kam ich mir verloren vor.

Heute ist der heilige Abend. Oder st es der eilige? Wieder sitze ich vor einem Stapel an unerledigten Sachen und dampfe gerade meine „to do Liste“ für heute auf ein Mindestmaß zusammen. Es wird schon gehen, irgendwie. War das nicht auch letztes Jahr mein Spruch? Die Weihnachtspost wird dieses Jahr eine Neujahrspost werden. Mit schlechtem Gewissen denke ich an all die, denen ich schreiben wollte. Dschinghis Khans Horden sind wohl immer noch im Haus (zumindest sieht es nicht viel anders aus las letzte Woche). Mein Mann holt noh Getränke und einen Weihnachtsbaum (ha!).

Was mache ich falsch? Mache ich was falsch? Kommt es nur mir so vor, als würden die Adventstage einfach davonrasen, so wie der Rest des Jahres? Dreht sich die Welt schneller als früher? Denke ich langsamer? Die gesamten Feiertagen sind schon voll verplant, ebenso der Silvesterabend. Wo bleibe ich da, wo bleibt die Zeit für mich mal nachzudenken, mich auf das zu besinnen, was mir wichtig ist? Wann werde ich endlich mal wieder in Ruhe dasitzen und einen Brief schreiben können? (Über meine Schriftstellerei rede ich jetzt lieber gar nicht.)  Wie würde ich das alles schaffen, wenn ich noch Vollzeit berufstätig wäre? Habe ich das falsche „Zeitmanagement“? Alles in mir wehrt sich dagegen, meine Lebenszeit minutengenau einzuteilen und so zu strukturieren, dass ich „voll nach Plan“ funktioniere. Schon jetzt fehlt mir der Freiraum das zu tun, was ich tun möchte. Und ich werde das Gefühl nicht los, dass diese Situation gerade alle Energie aus mir heraussaugt, die ich habe.  Jedenfalls fühle ich mich so.

Vielleicht finde ich ja „zwischen den Jahren“ mal etwas Zeit für einen Spaziergang, der mir die nötige Ruhe gibt, um einige Gedanken zu ordnen und Entschlüsse zu fassen. Womit wir dann bei den guten Vorsätzen für das neue Jahr wären. Nächstes Jahr mache ich alles anders/besser/eher…. Mein Stapel an mehr oder weniger säuberlich geschriebenen „to-do-Listen“ ist jedenfalls beachtlich. Immerhin weiss ich, was noch alles zu erledigen ist. Und dieses Wissen macht es gerade auch nicht einfacher, im Gegenteil.

Wenigstens habe ich mir die Zeit genommen, diesen Artikel zu schreiben. Ein kleiner Anfang – vielleicht.

Und zum Schluss? Allen, denen es ähnlich geht, schenke ich ein wissendes Lächen, ein verschwörterisches Blinzeln und ein ermunterndes „komm, das klappt schon“ Nicken. Auf die, bei denen alles perfekt orgnisiert ist und klappt, bin ich zugegeben doch etwas neidisch. Und allen zusammen wünsche ich von Herzen frohe Feiertage.

 

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Emotionen…

sind eine feine Sache. Zumindet dann, wenn sie positiv sind und man sie in gewissem Maße im Griff hat.

Ich habe mich in den letzten Wochen mit meinen Emotionen auseinandergesetzt. Habe festgestellt, wie Enttäuschung und Frust die Oberhand gewonnen hatten und daraus Wut entstanden ist. Dann kam das Nachdenken und schließlich die „Nicht-Reue“. Gibt es dafür überhaupt eine Bezeichnung? Zustimmung wäre vielleicht ein passender Begriff.

Dann folgten Hass, Ablehnung, ein kurzes „Ich hab’s ja gewusst“ und dann ein Verlustgefühl, was allerdings nur eine sehr kurze Zeitspanne gedauert hat. Eine wirklich erschreckend kurze Spanne, wenn ich bedenke, dass es „mal so eben“ um die letzten 20 Jahre in meinem Leben ging.

Und jetzt? Erleichterung, Gleichgültigkeit, dann Gelassenheit und Frieden mit mir selbst. Die letzten beiden Emotionen sind die, die geblieben sind. Alles Andere habe ich durchlebt und hinter mir gelassen. Wie geht es mir dabei? Bestens. Ich hasse nicht, denn dieses Gefühl ist kostbar und mit Aufwand verbunden. Ich muss entscheiden, wer und was es wert ist gehasst zu werden. Ich will nicht, dass diese Emotionen mich und meine Gedanken versklaven, mich hemmen, ausbremsen und hindern. Nicht für diese Bagatelle, die einfach nur eine Episode in meinem Leben darstellt und eine lange Zeitspanne beendet hat. Auf diese Zeit blicke ich lächelnd, mit schönen Erinnerungen aber ohne Wehmut zurück.

Ganz zum Schluß kommt noch Mitleid hinzu. Nicht viel. Zumindest nicht soviel, dass es mich emotional in irgendeiner Form belasten könnte. Aber zumindest soviel dass ich ganz klar sagen kann: Da ist Mitleid, aber kein Hass, kein Zorn, nichts. Ich schaue nach vorn, denn die Vergangenheit ist, nun ja, eben vergangen.

Das Emotionschaos in den Griff zu bekommen hilft. Vor allem dabei, meine Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Und mich dabei auf die Personen und Dinge zu konzentrieren, die mir wichtig sind.

Ein verdammt gutes Gefühl. Ich habe mich lange nicht so unbelastet gefühlt.

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